Sonntag, 21. September 2014

Hartal & Bangla

Nun habe ich endlich wieder angefangen einen Blogeintrag zu schreiben. Mein Kopf ist teilweise voller Ideen und Erlebnisse, es fällt mir nur recht schwer all dies in Sätzen zu verschriftlichen.

Ich fange mal mit heute an. Es ist schon der zweite Tag an dem ein sogenannter „Hartal“ stattfindet. Hartal bedeutet shutdown oder auch Generalstreik. An diesen Tagen ist es, besonders wenn man noch neu in Bangladesch ist, sehr sinnvoll sich nicht aus seinem eigenen Stadtteil herauszubewegen, vor allem aber Busse zu meiden. Bei diesen Hartals kommt es häufig zu Ausschreitungen. Der heutige Streik ist von der Jamaat-e-Islami Partei ausgerufen worden, da ihr Parteiführer, der als Kriegsverbrecher gegen das eigene Volk angeklagt ist, zu lebenslanger Haft verurteilt worden ist. Dabei muss man aber bedenken, dass er eigentlich zum Tode verurteilt war. Naja, die Jamaat, eine relativ kleine Partei, die einen extremen Islamismus propangiert, hat diesen Hartel nun ausgerufen. Es halten sich eher wenige Menschen daran. Viele sind auf den Straßen, sie wollen in ihren Shops und Läden Geld verdienen – Sie können es sich nicht leisten einen ganzen Arbeitstag zu verschwenden, zumal diese Hartals häufig stattfinden, besonders seit dem Aufbau des Kriegverbrechertribunals.
Donnerstag und Sonntag (Ein normaler Arbeitstag) hat die Jamaat Hartal ausgerufen, für morgen hat es die BNP getan. Die Bangladesch National Party ist die zweitgrößte Partei Bangladeschs ist aber nicht im Parlament vertreten, da sie die letzte Wahl blockieren wollte. Morgen wollen sie streiken, weil die Regierungschefin, der Awami League (Größte Partei) vorstehend, ein Gesetz erlassen hat, durch welches das Parlament die Richter absetzen kann. Das ist alles sehr kurz erklärt, könnte Fehler enthalten, aber so sieht es ungefähr aus. Noch bin ich nicht lang genug hier um alle Hintergründe zu verstehen.

Das reicht jetzt erst Mal was politisches angeht.
Andererseits betrifft es uns aber auch, da unser Sprachkurs ausfällt genauso wie alle Schulen und die Büros geschlossen sind.

Entschuldige diese Fotoqualität, ich hatte grade kein gutes Foto
Unsere Freiwilligengruppe hatte nun schon 2 Wochen Sprachkurs. Unsere Lehrerin, eine sehr erfahrene Frau, hat ein eigenes kleines Banglalernbuch konzipiert, was uns als Lerngrundlage dient. Wir werden auf Englisch in Bangla unterrichtet, was mir manchmal Schwierigkeiten bereitet, da ich erst mal in Deutsch umdenken muss und dann versuche Bangla zu verstehen. Bangla ist eine Sprache die mir noch relativ schwierig vorkommt, man fängt aber an auf der Straße einzelne Wörter zu verstehen. Ich gehe davon aus, dass ich auf dem Land, wo die Menschen kaum Englisch sprechen, schnell Bangla lernen werde. Hier in Dhaka redet man einfach zu viel Englisch.
Die Satzstruktur im Bengali oder Bangla ist ein wenig anders als im Deutschen oder Englischen. Das Subjekt steht immer vorn, wird aber gefolgt vom indirekten oder direkten Objekt. Verben stehen immer ganz am Ende des Satzes, nur die mögliche Verneinung steht noch dahinter. An diese Satzstruktur muss ich mich erst mal richtig gewöhnen. Aber das wird schon.
Die Schriftzeichen sind für mich nicht zu entziffern. Wir legen in unserem Sprachkurs aber auch den Fokus einzig und allein auf die Lautsprache um eine Basis zu haben, auf der wir auf dem Lande aufbauen können. Die Banglaschriftzeichen hängen an einer Linie.






Samstag, 6. September 2014

Die Vorbereitungsphase und die Freiwilligengruppe

Unsere Gruppe besteht aus drei weiblichen und drei männlichen Freiwilligen. Wir sind in Auswahlseminaren von NETZ ausgewählt worden. Nachdem wir die Bestätigungen hatten, sind wir zu einem ersten Vorbereitungsseminar zusammengekommen. Es ging u.a. darum eine Gruppe zu werden. Weiter trafen wir auf der Bangladeschtagung von NETZ das nächste Mal aufeinander. Dabei ging es aber vorrangig um das Planen und die Durchführung der Tagung, weniger um die individuelle Vorbereitung auf unser freiwilliges Jahr. Dennoch würde ich die Tagung als ein Highlight der Vorbereitungsphase bezeichnen. Bangladesch nahm Kontur an. Bangladesch kam näher. Bangladesch wurde wirklicher.
Auf dem zweiten Vorbereitungsseminar, wo ich leider wegen Krankheit nur wenig teilnehmen konnte, diskutierten wir viel darüber, wie man es schafft nicht-postkoloniale Texte zu verfassen. Viele Dinge waren mir in keinster Weise klar. So hätte ich z.B. das Wort Hütte nicht als postkolonial betrachtet. Sobald man jedoch die Assoziationen mit diesem Wort bedenkt, fällt einem schnell auf, dass eine Hütte ein Symbol eines primitiven, einfachen Lebens ist, in dem moderne Dinge wie Internet, nicht vorhanden sind.
Das Ausreiseseminar fand knappe drei Wochen vor dem Abflug statt. Wir besprachen u.a. die letzten Dinge, die wir noch zu klären hatten vor der Ausreise, aber auch über die aktuelle politische Situation.

Die ganzen Seminare wurden immer von Agata geplant, begleitet, aber auch durchgeführt. Sie hat die Rolle der Mentorin für unsere Gruppe, ist also unser Hauptansprechpartner in Deutschland gewesen. Bei allen Fragen und Problemen musste Agata immer herhalten. Sie wird sehr bald auch nach Bangladesch kommen, ihre Mentorenrolle hat sie aber dann vorranging an Farjina abgegeben,
Farjina unterstützt uns während unserer Zeit in Bangladesch. Besonders in der Anfangsphase gibt sie uns eine Einführung um unser Verständnis für diese andere Kultur zu wecken. Wie auch mit Agata, versteht sich die ganze Gruppe sehr gut mit ihr.
Unsere Gruppe hat sich nach fünf Tagen scheinbar gut eingelebt. Zeit genug die anderen fünf ein wenig vorzustellen.

Maike (26), die Masterin, hat bereits ein Studium in Mathe und Geographie auf Lehramt mit Masterabschluss hinter sich. Sie hat die letzten 2 Jahre in Bergen in Norwegen studiert. Sie wird in dem Grundbildungsprojekt von NETZ arbeiten, was ihr u.a. auch bereichernde Erfahrungen für ihr kommendes Leben als Lehrer ermöglicht. Sie wird in Gaibandha für GUK arbeiten.

Elisabeth (23), die Bachelorette, hat ihr Studium in Kultur- und Religionswissenschaften fürs Erste beendet. Wahrscheinlich möchte sie nach diesem Jahr noch ihren Master machen. Die gebürtige Hannoveranerin wird als einzige unserer Gruppe in dem Menschenrechtsprojekt von Netz arbeiten. Sie wir ab September in Saydpur bei RIP aktiv sein.

Emilia (19), die Landmaus, hat gerade ihr Abi in der Tasche. Die Thüringerin möchte das Jahr u.a. dazu nutzen mehr Erfahrungen zu sammeln, aber auch um eine Idee zu bekommen, was sie in ihrem späteren Leben machen möchte. Emilia hat sich für das Grundbildungsprojekt von NETZ entschieden. Ihre Partnerorganisation heißt Ashrai, die u.a. in Joypurhat angesiedelt ist.

Minar (18), der Hauptstädtler, hat ebenfalls seit Juni die Erlaubnis zum Studieren, hat sich aber bewusst dagegen entschieden das Studium sofort zu beginnen. Erst möchte er das Land, aus dem sein Vater kommt, von einer anderen Seite kennenlernen, als er es mit seiner Familie tun kann. Vor 13 Jahren ist Minar das letzte Mal in Bangladesch gewesen. Daher ist es auch für ihn eine neue aufregende Situation in Dhaka zu sein.
In Domar in Nilphamari bei GUK ist sein zukünftiges Zuhause, wo er im Grundbildungsprojekt arbeiten wird.

Quirin (17), der Jüngling, hat auch die allgemeine Hochschulreife erlangt. Der Münchner möchte dieses Jahr nutzen um sich neu zu orientieren und Erfahrungen zu sammeln, die sein Leben längerfristig prägen. Außerdem ist er der Meinung, dass er noch zu jung zum Studieren ist.
Sein neues Zuhause wird er bei MJSKS in Kurigram finden, wo er wie fünf von sechs Freiwilligen im Grundbildungsprogramm arbeiten wird.

Paul (19), der Autor diese Blogs, ist dem vorm Bildschirm sitzenden Leser hoffentlich so gut bekannt, dass ich mich jetzt nicht weiter ausführen brauche. Ich habe aber auch mein Abi, was aber keine benötigte Voraussetzung für einen Freiwilligendienst ist.

Demnächst mehr...


Mittwoch, 3. September 2014

Hallo Dhaka

Wir sind in Dhaka angekommen.

Diese Stadt ist extrem! Die Hitze schlägt einem direkt ins Gesicht, wenn man das Flughafengebäude verlässt. Vor dem Flughafen warten die Menschen auf ihre Freunde und Verwandten, die sie abholen wollen.
Wir werden von unserer Mentorin Farjina abgeholt. Wir machen uns ein wenig mit ihr bekannt und laufen zum Auto, ein großer zehnsitziger Toyoto. Farjina fährt aber nicht selber, vielmehr fährt uns ein sehr erfahrener junger Fahrer. Die ersten Meter sind total verwirrend. Einerseits ist es der Linksverkehr, andererseits der Fahrstil. Schnell lerne ich, dass es sinnvoll ist nicht selber zu fahren, sehr sogar! "Hup oder warte" heißt eine Regel.

Vom Flughafen dauert es ca. eine Stunde zu unserem Guesthouse, welches wirklich sehr angenehm ist. Die kleine Wohnung mit sechs Betten in drei Zimmer steht uns allein zur Verfügung. Dennoch ist der Besitzer sehr viel vor Ort, genauso wie der angestellte Koch. Unsere Gruppe hat wahrlich nicht darum gebeten einen Koch zu bekommen, er ist aber freundlich, spricht leider kein Englisch, kocht dafür aber sehr lecker.

Der erste Abend neigt sich schon sehr bald dem Ende zu. Die ganze Gruppe ist noch total müde von den Flügen und der um vier Stunden verkürzten Nacht.