Dienstag, 13. Januar 2015

Hallo liebe Blogleserin und lieber Blogleser,

Der folgende Text ist eine Art Rückblick auf die letzten 4 Monate. Vielleicht wiederholt sich etwas von dem was ich vorher schon einmal beschrieben habe. Aber ich denke es sollte trotzdem interessant sein.
Sicher wollen meine Leser ab und an
ein Foto von mir sehen. Hier ist eins!
Ich lebe noch!
Wie ihr wisst, bin ich am 1. September in Dhaka, der Hauptstadt Bangladeschs, angekommen. Die ganze Situation am Flughafen und im Flugzeug war schon ein bisschen aufregend. Man versteht dann „Oh, jetzt gibt’s kein zurück mehr“.
Der Abschied ist mir aber nicht so schwer gefallen. Der Flug war relativ entspannt und ich habe angefangen mich richtig zu freuen.  Während des Landeanflugs habe ich 
riesige überschwemmte Flächen gesehen. Ein kleiner Vorgeschmack auf die Regenzeit. 
Als unsere sechsköpfige Gruppe angekommen ist, konnten wir direkt ein kleine Brise der feuchten und warmen Nachregenzeit-Luft einatmen. 
Die ersten Eindrücke waren sehr prägend für mich und ich habe es in vollen Zügen genossen diese gigantische Stadt zu erkunden, zu erleben und ihre Menschen zu sehen. Nachdem wir eine Woche lang Besichtigungen gemacht haben und uns etwas an die Stadt gewöhnt haben, startete unser Sprachkurs in der Zweiten Woche. Der dreiwöchige, dreistündige Sprachkurs sollte uns darauf vorbereiten aufs Land zu gehen. Das Resultat war ganz gut, obwohl es für mich an Praxisübungen gemangelt hat. Viele Menschen in Dhaka sprechen Englisch und somit sind wir doch häufig auf English ausgewichen, anstatt unser gebrochenes Bengali heraus zu stottern. 
Insgesamt war der Monat in Dhaka, der am schnellsten wachsenden Stadt der Welt, sehr erfahrungsreich, spannend und hat uns schon ein bisschen auf das ländliche Leben vorbereitet. 
Mein lieber Mentor Mizan. Besonders im Urlaub merke ich,
wie sehr ich ihn vermisse und wie er mir ans Herz gewachsen ist.
Am Ende dieses Monats in Dhaka fand ein Workshop statt, an welchem die jeweiligen Mentoren aus den Nicht-Regierungs-Organisationen (NRO) teilnahmen, und somit unser erstes Kennenlernen stattfand.
Am 01.10.2014 ging es los nach Rangpur zusammen mit meinem Mentor, Mizanur Rahman. Wir saßen nebeneinander im Bus und konnten uns ein wenig austauschen. Er war mir von Anfang an sympathisch, u.a. auch dadurch, dass er mich nicht mit Fragen durchlöcherte. Unsere gute Verbindung besteht bis heute fort und er ist in meiner NRO die Ansprechperson Nummer 1. 
Die Fahrt an sich war grausam, ich habe es aber trotz lebensmüdem Fahrer geschafft ein bisschen die Augen zu schließen. Obwohl der Fahrer so schnell fuhr wie es die bengalischen Straßen zuließen, hat die Fahrt gut neun Stunden gedauert um ins knapp 400 km entfernte Rangpur zu kommen. 
Wir erreichten Rangpur im Dunkeln und fuhren direkt zu meiner Wohnung. 
Ich habe ein wirklich sehr schönes Zimmer mit blauen Wänden in dem mein Bett steht, das meiner Größe mehr als entspricht. Ein Schreibtisch und eine Ständer für meine Klamotten waren auf schon vorher vorhanden. Natürlich war ich bei dem Badezimmeranblick nicht wirklich erfreut, da dort ein Plumpsklo installiert ist, womit ich aber gerechnet hatte. Die Küche ist relativ klein, ich benutze sie aber nur selten.
Bereits am ersten Abend machte ich Bekanntschaft mit der Hausbesitzerfamilie aus meinem zweistöckigen Haus. Es sollte nicht die letzte sein. 
Kaum angekommen in Rangpur, begann die Festival-Saison in Bangladesch. Damit meine ich religiöse Festivals. Diese Festivals sind mit Weihnachten bei uns zu vergleichen. Die ganze Familie kommt zusammen aus allen Landesteilen und man isst zusammen und verbringt Zeit miteinander. Ebenso gibt es Schulferien in dieser Zeit. Unterschiede gibt es aber auch. Die Muslime feiern „Eid Mubarak“ , Tiere (Hühner, Ziegen und Kühe) werden geopfert. Die Hindus feiern „Durga Puja“, ein viertägiges Ereignis, wobei sich viele Menschen an großen Bühnen mit lauter Musik treffen und eine Party feiern. 
Der erste Monat im Büro war durchschnittlich arbeitsreich, von Überarbeitung kann nicht die Rede sein. Aber ich bin ja auch nur ein neuer Kollege, der erst einmal verstehen muss, wie alles abläuft. Die Sprachbarriere bereitet seither mehr oder wenige große Schwierigkeiten sich mit den Projektteilnehmer jeglichen Projekts gescheit zu verständigen. Bei der Sprache gibt es aber auch gute Fortschritte. Wenn ich mich alleine hinsetze und Vokabeln lerne, dann ist das effektiv und ich erkenne den Fortschritt sehr schnell.
In der Einführungsphase, dem ersten Monat, war die Arbeit relativ entspannt. 
Zum alleine Wohnen gehört auch mal das Wäsche-Waschen.
Der Zweite Monat war durch ein Ereignis besonders geprägt. Es fand das Basistraining für die Lehrer unserer Schulen statt. Das heißt: Die zukünftigen Lehrer kommen für 15 Tage in unser Bürogebäude, lernen von unserem Training-Officer Methoden für den Unterricht und wenden diese dann nach Vollendung des Trainings in den Schulen an, in denen sie arbeiten werden. Zusätzlich gibt es monatliche Fortbildungen, die sich „Monthly Refresher“ nennen und jeweils 2 Tage andauern. Es war am Anfang schon etwas erschreckend zu sehen, dass die Lehrer all das in 15 Tagen lernen müssen, was deutsche Lehrer in fünf Jahren Studium lernen. 
In meiner Organisation, die Jagorani Chakra Foundation heißt, gibt es vier verschiedene Projekte. Zwei fördern Erwachsene in Gruppen, damit diese langfristig der Armut entkommen können und zwei andere Projekte sind auf Bildung spezialisiert. 
Mein Mentor ist der „Area Coordinator“ (Chef) eines der Bildungsprojekte. Ich bin ebenfalls die meiste Zeit in diesem Projekt tätig. 
Die meisten Schulen meines Projektes sehen so aus.
Der Kern des Projektes ist die Grundschulbildung von 2.310 Kindern in Schulgebäuden, die jeweils nur eine Klasse haben. Diese Schulen werden überall dort gebaut, wo es keine staatlichen Grundschulen gibt oder die staatlichen Schulen extrem überlastet sind.
Wenn ein Durchlauf beendet ist, hängt es vom BMZ und der EU ab ,ob die Schule für weitere 4 Jahre in Betrieb genommen wird oder eben nicht. Die Langfristigkeit in diesem Projekt ist in Frage zu stellen. Ob man 2.310 Kinder einfach ohne jegliche schulische Bildung aufwachsen lässt, allerdings auch.
Ich laufe durch das trockene Flussbett
in dem die Menschen sogar ihre Felder bestellen
Damit in dem Projekt alles möglichst gut und reibungslos abläuft gibt es verschiedene Mitarbeiter. In meinem Büro sind der Area Coordinator, zwei Training-Officer und eine weitere Person für die Buchhaltung. Weiter gibt es 12 Programme Organizers, die jeweils 10 Schulen betreuen. Die 120 Schulen haben 120 Lehrerinnen und Lehrer, wobei 40 Schulen Vorschulen sind. 
Eines von 2.700 Fotos in den Schulen
im 4. Monat in Bangladesch
Häufig fahre ich mit meinen Kollegen raus aufs Land zu den Schulen, die teilweise sehr schwer zu erreichen sind. Besonders wenn man den Fluss „Tista“ überqueren will muss man mit 2 Stunden Motorradfahrzeit rechnen. Um die Schulen in den „Shores“ zu erreichen, nehmen wir erst eine Fähre und dann fahren wir durch das riesige Flussbett um die andere Seite zu erreichen. Der dritte Monat in Rangpur war besonders durch die vielen Schulbesuche geprägt. Innerhalb von zweieinhalb Wochen musste ich 22 Schulen besuchen und viele Fotos machen. Die Fotos braucht meine NRO, NETZ, um sie in mit einem Report zusammen an die Spender der jeweiligen Schulen weiterzugeben. Teilweise waren diese Touren sehr stressig, da ich bis zu 5 Schulen an einem Tag besuchte.


Auch eines der vielen Fotos.
 Die Schüler lernen auf dem Boden.
Unsere Freiwilligengruppe besteht leider nur noch aus 5 Teilnehmern. Ein Volunteer ist leider abgereist. Wir, die Verbliebenen, waren sehr traurig, hatten aber schon damit gerechnet, da wir die ganze Geschichte miterlebt hatten und viel mit ihm gesprochen haben. 

Unsere Gruppe trifft sich jeden Monat einmal in der Hauptstadt Dhaka um dort ein Teammeeting abzuhalten. Das Teammeeting ist zum reflektieren sehr gut geeignet. Wir tauschen uns viel aus. Es gibt aber auch immer ein weiteres Thema über das wir energisch diskutieren. Meist schauen wir sehr kritisch auf unsere eigene NRO aber auch auf das ganze globale Prinzp von „Geben und Nehmen“. So sehe ich meine eigene Regierung nicht als großzügig an, obwohl sie den Ländern des globalen Südens kleinere Summen an Steuergeldern gibt. Vielmehr bin ich der Meinung, dass dadurch die eigene Wirtschaft gestärkt wird, ein guter Ruf im Nehmerland geschaffen wird und letztendlich die Länder wie Bangladesch immer ein kleiner Bruder des Geberlandes bleiben werden.
In diesem Kontext empfehle ich den dreißig minütigen Film „Entwicklungshilflos?“, der bei Google sehr einfach zu finden ist.

Unser Weihnachtsessen: Ente, Fisch, Gemüse und viel Nachtisch
Schnell ging das erste Drittel meiner Zeit hier in Bangladesch um. Schon stand Weihnachten vor der Tür. Wir haben es uns richtig weihnachtlich in unserem Guesthouse eingerichtet. Glücklicherweise haben wir eine ganze Etage nur für uns allein, wo wir ungestört alles dekorieren konnten. Wir haben noch andere Freunde eingeladen, so dass wir am Ende auf 13 Mitesser kamen, die Ente in Orangensauce mit Kartoffeln und Gemüse verputzt haben. Eine Geschenkwichtelrunde zwischen unseren zwei (!) Weihnachtsbäumen haben wir auch organisiert. Letztendlich hatte jeder ein bis drei Geschenke einen, einen vollen Bauch und gute Laune. Die kleine Weihnachtsfete wurde erst gegen 6 Uhr am Morgen aufgelöst.
Kommerz am Strand: Muss auch mal sein.
Wo sollen die 40.000 Touristen denn sonst schlafen?
Aktuell sind wir im Urlaub. Für Weihnachten und Neujahr haben wir uns freie Tage genommen und haben den kalten Norden verlassen um uns im wärmeren Süden Bangladeschs zu vergnügen.
Die Region in der wir uns befinden ist das totale Touristenziel Bangladeschs und der Stolz vieler Bangladeschis. Die Namen „Cox‘s Bazar“ und „St. Martin‘s Island“ sind jedem geläufig. 
Boote im Sonnenuntergangslicht auf St. Martin
Um ehrlich zu sein es ist wirklich schön hier, besonders die wunderschöne St. Martin‘s Insel hat mir gut gefallen. Dort habe ich mit zwei weiteren Volunteers am Strand geschlafen. Cox‘s Basar ist aus meiner Sicht ein überfülltes Kommerz-Touristenziel, aber trotzdem annehmbar.

Aktuel hat sich die politische Lage in Bangladesch sehr verschlechtert. Ein Jahr nach den Präsidentschaftswahlen gibt es große Uneinigkeiten. Die Regierungspartei (Awami League) und die Oppositionspartei BNP (Bangladesch National Party) haben begonnen sich zu piesacken. 



Der südlichste Punkt Bangladeschs
Das Resultat: Seit eineinhalb Wochen gibt es eine Blockade, Rikshas, CNGs, Autos, Züge und vor allem Busse sind Ziele von gelegentlich tödlichen Anschlägen. 
Quirin, Emilia und ich
Ich persönlich bekomme wenig davon mit, nur durch die Nachrichtenseiten erfahre ich was  passiert ist.
Um unsere Sicherheit nicht zu gefährden werden wir per Flugzeug nach Dhaka gebracht, leider. Unser aktuelles Domizil, gefällt mir sehr gut und ich würde gerne den ganzen Streik hier ausharren. 

Einen lieben Gruß aus dem Urlaub in der Nähe von Cox‘s Bazar

Euer Paul 
Irgendwie ein schönes Foto, finde ich.

Häufig wird mir gesagt: "Garmani is a rich country, bangladesh is a poor country."
Das stimmt für viele Fälle aber eben nicht für alle. Es gibt auch viele reiche Bngladeschis, die meisten wohnen in Dhaka in Gulshan, Banani und Dhanmondi